Geschichte und Herkunft

Wie bei allen Schlägen der Altdeutschen Hütehunde handelt es sich auch bei den Westerwäldern und Siegerländern um sehr bodenständige Hunde, die seit Jahrhunderten ihre Arbeit an den Herden verrichten. Im Nassau’schen Weisthum, einer Sammlung alter Gewohnheitsrechte, wurden diese Hunde schon im Jahr 1465 als Hüter von Kuhherden erwähnt.
Fuchsfarbene Hunde haben im Siegerland bis ca. 1968 als Siegerländer und im Westerwald bis ca. 1980 als Westerwälder die Kuhherden gehütet. In den Bergen des Harzes werden die roten Kuhhunde Harzer Füchse genannt. Kuhhunde waren in der Lage, Herden von über 500 Kühen ohne Zaun zu hüten, an Ackerfluren zu wehren und die Kühe daran zu hindern, in den heimischen Stall zu laufen. Kuhhirten mussten persönlich für alle Schäden aufkommen, die das Vieh anrichtete und hatten daher ein reges Interesse an der Zucht leistungsfähiger Hunde. Die Reinzucht der Kuhhunde war über Jahrhunderte gesichert, weil sich Kreuzungstiere in der Regel nicht zum Hüten von Großvieh eigneten.
Die Siegerländer Hütehunde haben hauptsächlich in den Haubergen gehütet, einem alten Eichenniederwald, der regelmäßig gefällt wurde, da die Rinde Jahrhunderte lang zum Ledergerben benötigt wurde. Im Wald konnte nur auf Glockenklang gehütet werden. Die Hunde ließ man von der Leine, wenn sich die Herde zu weit entfernte. Der Hund hatte dann die Aufgabe, die Herde zum Hirten zurück zu treiben.
Anders im Westerwald: Wie bei Schafen wurden die Kühe über Feldwege auf einzelne Parzellen getrieben, die gehütet werden mussten. Daher waren gute Furchengänger nötig, d.h. Hunde, die das Vieh auf Feldwegen hielten, um angrenzende Äcker zu schützen.
In heutiger Zeit werden Kuhhunde bei Milch- und Ammenkühen eingesetzt, wo sie beim Ein- und Umtreiben wertvolle Arbeit leisten und noch immer das Herz haben, sogar Bullenangriffe abzuwehren, um ihre Menschen zu schützen.
Die Westerwälder sind im Süden der Bundesrepublik noch heute typische Vertreter der Altdeutschen. Sie werden besonders von Züchtern in den Landesgruppen Rheinland Pfalz und Hessen betreut. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Arbeit von Herrn Kurt Stahl, der sich mit seinen jahrelangen Bemühungen für den Erhalt dieser charakterstarken Hunde verdient gemacht hat.

Typ- und Rassebeschreibung

Der Westerwälder und Siegerländer Hütehund wurde nie auf Aussehen, sondern immer nur auf Leistungsmerkmale gezüchtet. Trotzdem hat sich ein weitgehend einheitlicher Typ von Hunden herausgebildet. Der eher quadratisch gebaute, wendige Kuhhund hat eine Größe von ca. 45– 55 cm, Rüden sind in der Regel größer und kräftiger als Hündinnen. Das Haar kann einfarbig sandfarben bis rötlich braun oder an den Haarspitzen dunkler gefärbt sein. Es gibt Hunde mit oder ohne dunkle Maske; weiße Abzeichen an Kopf, Hals, Brust und Beinen kommen vor. Die Ohren sind meistens gekippt, dürfen aber auch stehen oder hängen. Der Kopf ist eher gedrungen und kurz, mit einem mittleren Stopp (Stirnansatz), glatt und kurz behaart. Der Körper hat längere Haare, die meistens gewellt sind, aber auch glatt sein können. An der Rückseite der Vorderläufe sind Federn, an den Hinterbeinen Hosen ausgebildet. Die Rute ist lang und stärker behaart. Wie bei den übrigen Schlägen der Altdeutschen kommen auch bei den Kuhhunden Tiere mit kurzen Ruten, sog. Naturstumper, vor.

Kuhhunde vererben den Hüteinstinkt sicher, sind frühreif, intelligent, durchsetzungsfähig, ausdauernd, belastbar, genügsam, anhänglich und treu. Sie haben einen gesunden Beschützerinstinkt gegenüber Mensch und Tier, der, auf Grund ihrer Selbstständigkeit auch schon einmal ohne Befehl in Erscheinung treten kann. Er wird heute überwiegend als Hüte- und Treibhund an Schafherden eingesetzt. Beim Leistungshüten haben Westerwälder Hütehunde in der Vergangenheit sehr erfolgreich abgeschnitten. Sie waren mehrfache Hessenmeister, Westfalensieger und belegten einen 6. Platz bei einer Deutschen Meisterschaft.
Weiterhin bewähren sich Westerwälder und Siegerländer als Pferdebegleit- und Rettungshunde, sowie beim Agility und anderen Sportarten. Privat zeichnen sie sich als Wach- und Schutzhunde aus. Allerdings benötigen sie wie alle Altdeutschen einen "Rudelführer- Menschen" mit klarem Hundeverstand, da Altdeutsche in der Regel ihr Leben lang danach streben, die Führung im Hunde- Mensch- Rudel zu übernehmen.

Von der GEH – „Gesellschaft zur Erhaltung alter Haustierrassen″– wurden Westerwälder und Siegerländer zwar als hoch gefährdet eingestuft, aber bitte züchten Sie diese Hunde nur nach den Regeln der „AAH“, damit die Charaktereigenschaften dieser alten und leistungsstarken Schläge nicht aussterben. Der AAH-Bundesvorsitzende Herr Martin Winz wünschte zur Generalversammlung 2002 eine Übersicht der gezogenen Welpen. Die Westerwälder waren stark gefragt, und wir haben in 10 Jahren (1992 bis 2002) 225 Welpen mit Abstammungsnachweis gezüchtet. Damit steht fest, dass der Westerwälder und Siegerländer Schaf- und Kuhhund noch nicht in den anderen altdeutschen Hütehundschlägen aufgegangen ist.
Für den Züchter ist es wichtig zu wissen, dass Welpen bereits ab der 3. Woche (Fütterungsbeginn) mit Pfiff oder "komm" zum Fressen gerufen werden können, um die ersten Grundkommandos zu vermitteln. Von der 6. bis ca. zur 16. Woche macht jeder Welpe eine Scheu- und Angstperiode durch. Er übersteht diese nur dann ohne Schaden, wenn sich vorher ein Urvertrauen zum Menschen entwickeln konnte und er in dieser Zeit umsichtig und liebevoll behandelt wurde. Welpenkäufer sollten also besonderes Augenmerk auf den Umgang des Züchters mit seinen Tieren haben.
Mit 12 Wochen erwacht die Lernfreude der Welpen. Spätestens jetzt sollte der junge Hund bei seinem neuen Besitzer sein, nun lernt er besonders leicht und vergisst das Gelernte nicht mehr. Ab der 13. Woche beginnt aber auch eine neue Phase. Durfte man den Welpen bisher niemals strafen, muss man jetzt konsequent durchgreifen, wenn er nicht hört. Manche Hunde bedürfen nur geringer Korrektur, andere verlangen eine gute Portion Durchsetzungsvermögen von ihrem Besitzer. In Privathand sollten Altdeutsche mit ca. 6 Monaten alle Grundkommandos sicher beherrschen, um in diesen triebstarken Hunden verlässliche Begleiter in allen Situationen zu haben. Bei guter Prägung im Welpenalter bleibt die Arbeits- und Lernfreude dieser Hunde ein Leben lang erhalten.

Weitere Informationen und Bilder zum Westerwälder und Siegerländer finden Sie auf www.g-e-h.de. Bei Fragen können sie sich an Christian Eisentraut wenden.

 

Texte von Christian Eisentraut und Christel Simantke, bearbeitet von Susanne Zander